Engagiert für mehr Nachhaltigkeit

Es ist drückend heiß, über 40 °C im Schatten, die Luftfeuchtigkeit ungewöhnlich hoch. Dennoch sind alle der Einladung zum Studiosus-Dialogforum gefolgt. Tony Reyhanloo und Ruth Hopfer-Kubsch aus dem Nachhaltigkeitsteam von Studiosus hatten sich bewusst für die heiße Sommerzeit entschieden – denn dann ist in Kambodscha touristische Nebensaison und die Einheimischen haben mehr Zeit, um sich mit Studiosus zu Nachhaltigkeitsthemen im Tourismus auszutauschen.

Studiosus führt Dialogforen seit über 25 Jahren in aller Welt durch. Die ersten fanden 1998 in Portugal und Zypern statt. Dabei lädt Studiosus in ausgewählten Zielgebieten Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den unterschiedlichsten Bereichen – zum Beispiel Hoteliers, Vertreter von Tourismus- und Naturschutzbehörden, lokale Politiker, Geistliche, Lehrer und Händler – ein, um mit ihnen über Chancen und Risiken des Tourismus in ihrer Region zu diskutieren.

Diesmal also Kambodscha. Die Veranstaltung fand in Räumlichkeiten der HVTO (Homestay Volunteers Teacher Organisation) in Sophy Village in der Nähe von Angkor Wat statt. Seit 14 Jahren unterstützt die Studiosus Foundation e. V. diese lokale Nichtregierungsorganisation, und seit zwölf Jahren haben Studiosus-Gäste die Gelegenheit, die HVTO, aber auch das Leben der Bewohner des Ortes kennenzulernen. Am Dialogforum nahmen neben dem Gründer und Leiter der HVTO, Sim Piseth, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Gemeinderat von Sophy Village teil.

Wie im Dschungelbuch: Die mystische Tempelanlage von Ta Prohm bei Angkor ist fest im Griff von Würgefeigen.

„Uns ist wichtig“, sagt Ruth Hopfer-Kubsch, „dass wir einen Querschnitt von Einheimischen aus der Tourismusbranche zusammenbringen, mit denen wir auf Augenhöhe die Chancen und Probleme des Tourismus in ihrer Region diskutieren. Wir wollen verstehen, wo die Menschen vor Ort möglicherweise der touristische Schuh drückt und wo wir als Reiseveranstalter dazu beitragen können, dass die Menschen vom Tourismus noch stärker profitieren. Außerdem können wir bei der HVTO auf eine lange und erfolgreiche Zusammenarbeit blicken, die durchaus mit nachhaltigem touristischen Engagement zusammenhängt.“

Dies bestätigt auch Sim Piseth: „Wir sind stolz auf die in jeder Hinsicht kontinuierliche und konstruktive Unterstützung durch Studiosus. Gemeinsam konnten wir neue Vorhaben entwickeln. Insbesondere die Studiosus-Gruppen, die uns besuchen, vermitteln uns allen Anerkennung.“ Der Bürgermeister fügt hinzu: „Vom Besuch der Touristen profitiert die gesamte Gemeinde, denn sie sorgen dafür, dass dieses Bildungsprojekt weiterhin erhalten bleibt.“

Von Overtourism bis Kinderschutz

Die Themen, die im Dialogforum angesprochen wurden, waren unter anderem die mittelfristig zu erwartende starke Zunahme des Tourismus in und um Siem Reap und Angkor, der Ausbau der touristischen Infrastruktur inklusive eines neuen Flughafens, zahlreicher neuer Straßen, Orte, Hotels, Einkaufszentren und auch Kasinos. Welche Möglichkeiten bestehen zur Besucherlenkung? Welche Chancen bieten sich bei dieser nicht aufzuhaltenden Entwicklung für die ländliche Bevölkerung, und wie können lokale Kulturen erhalten bleiben? „Unser Einfluss als einzelner Reiseveranstalter auf die Tourismusentwicklung in Kambodscha ist natürlich begrenzt“, räumt Tony Reyhanloo ein, „aber es ist uns wichtig, zu erfahren, wie die Situation vor Ort ist und beurteilt wird. Die meisten Teilnehmenden erachten den Ausbau des Tourismus als wirtschaftliche Chance. Umso mehr möchten wir dafür sorgen, dass unsere Reisen und die Ausgaben unserer Gäste direkt den lokalen Produzenten, Restaurants und der einheimischen Bevölkerung zugutekommen.“

Außerdem weist der Nachhaltigkeitsmanager von Studiosus darauf hin, dass es dem Unternehmen wichtig sei, im Sinne des deutschen und europäischen Lieferkettengesetzes mögliche Risiken bezüglich sozialer und umweltbezogener Belange im Rahmen der Studiosus-Reisen beurteilen zu können. Deshalb seien beispielsweise weitere Bereiche wie Arbeitszeiten im Tourismus und Kinderschutz besprochen worden.

Schulungen von Partnern

Neben dem Dialogforum fanden in Kambodscha auch zwei Workshops unter dem Motto „Gemeinsam für Nachhaltigkeit“ statt, in Zusammenarbeit mit unserem touristischen Partner vor Ort. Zum einen wurde ein Workshop für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der lokalen Agentur durchgeführt. Zum anderen waren die lokalen Guides, die vorwiegend einheimische Studiosus-Reiseleiter vor Ort unterstützen, zu einem Workshop eingeladen. „Auf beiden Workshops erarbeiteten wir gemeinsam Wege, um Maßnahmen zum nachhaltigen Tourismus zu verbessern bzw. zu finden“, so Tony Reyhanloo. Es ging zum Beispiel um den Schutz des kulturellen Erbes, die Förderung lokaler Produzenten und Müllvermeidung. Die Teilnehmenden erarbeiteten selbst Lösungsansätze und waren dabei äußerst kreativ und begeistert bei der Sache.“

Gemeinsamer Workshop für mehr Nachhaltigkeit im Tourismus mit unseren lokalen Partnern.

Nach den Tagen in Kambodscha ging es weiter nach Laos, wo Tony Reyhanloo und Ruth Hopfer-Kubsch zwei Nachhaltigkeits-Workshops in der laotischen Hauptstadt Vientiane durchführten – wieder für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Tourismuspartners und Local Tour Guides. In Bang Xieng Kheo besuchten sie überdies ein ehemaliges Förderprojekt: Hier hatte die Studiosus Foundation den Bau einer Schule durch den Verein „Laos e. V.“ unterstützt, der sich für bessere Schulbildung in Laos einsetzt.

„Wir sind sehr zufrieden mit dem Dialogforum und den Workshops. Alle haben voneinander gelernt und beide Seiten konnten neue Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit anstoßen, eine Win-Win-Situation“, zieht Tony Reyhanloo Bilanz. Und Ruth Hopfer-Kubsch ergänzt: „Ich bin sehr stolz darauf, dass wir in unseren Dialogforen soziale und ökologische Themen auf Augenhöhe mit den Einheimischen besprechen und Lösungsansätze diskutieren – ein seit dreißig Jahren einzigartiges und erfolgreiches Studiosus-Konzept!“

HVTO Sophy Village Free Education Program

Schul- und Bildungsangebote sind in Kambodscha immer noch begrenzt, sie sind stark auf private Initiativen angewiesen. So hat Sim Piseth, selbst im Tourismus tätig, beschlossen, seinem Dorf und den umliegenden Ortschaften zu helfen. Er richtete u. a. eine Schule ein, die ergänzend zum staatlichen Unterricht Englisch und Computerkenntnisse vermittelt. Die Studiosus Foundation e. V. unterstützte nicht nur beim Aufbau neuer Computerklassen und der Einrichtung der ersten Bibliothek, sie sichert seit Jahren die Gesamtkosten für den laufenden Betrieb und die Gehälter der Mitarbeitenden. Studiosus-Gäste besuchen dieses Projekt auf fast allen Reisen nach Kambodscha und können sich so selbst ein Bild davon machen.

Mehr Infos zur Studiosus Foundation e. V.: studiosus-foundation.org